The Transsylvanians

12.12.2003

*Unkonventionelle Klänge gefallen dem Publikum *

Mit ihrem außergewöhnlichen Stil sind die „Transsylvanians“ schon seit Mitte der 90er Jahre Garanten für ausverkaufte Häuser und ausgelassene Partystimmung. Das Erfolgsrezept der in Berlin ansässigen Band: die eigenwillige Mischung aus so unvereinbar scheinenden Komponenten wie ungarischen Volksliedern, klassischen Elementen, rockigen Sounds, Rap- und Ska-Einlagen. Mit ihrem „Hungarian Speedfolk“, wie die vierköpfige Truppe die gelungene Kombination unterschiedlichster Musikgenre ganz unkompliziert nennt, füllen die Musiker in der Hauptstadt problemlos die Konzerthallen, gelten als Zugpferde für Open-Air-Festivals in ganz Europa. Und sie sind überall bekannt für ihr Talent, ein eben noch diszipliniertes Publikum binnen Sekunden in ein springendes und tobendes Völkchen zu verwandeln.
Fast überall. Ostvorpommern scheint da eine Ausnahme zu sein. Gerade einmal 75 Tanzwütige fanden sich jüngst trotz kräftig gerührter Werbetrommeln des Bugewitzer Kulturvereines „Weitblick“ in die dortige Gaststätte ein, um teilzuhaben an dem von Geigen- und Kontrabassklängen dominierten Folkrock des Berliner Quartetts. 25 zahlende Besucher zu wenig, um die Kosten des Veranstalters zu decken, wie Vereinsmitglied und Organisator Holger Brandstädt enttäuscht feststellte. Dennoch: Schnell zeigte sich, dass der Erfolg eines Musik-Events nicht an der Größe des Publikums zu messen ist, sondern allein an der Atmosphäre. Denn das ostvorpommersche Publikum horchte bei den ersten Takten interessiert auf, sympathisierte sofort mit der ausdrucksstarken Stimme der singenden Kontrabassistin Szilvana sowie dem ungarischen Temperament des Geigers und Sängers Andras Tiborcz.
Obwohl die in Bugewitz versammelten Freunde unkonventioneller Tanzmusik beim ersten Stück noch etwas zurückhaltend mitwippten, bewegten sie sich schon beim zweiten ungehemmter. Schließlich – angesteckt vom mitreißenden Rhythmus und den ohrwurmhaften Melodien des deutsch-ungarischen Vierergespanns – gerieten sie vollends in Euphorie.
„Trotz der wenigen Leute hat der Fußboden hier noch nie so gebebt wie heute“, war Ines Malcher außer sich vor Begeisterung. „Das Konzert war traumhaft und die Stimmung unvergleichlich“, schwärmte das Vereinsmitglied – noch völlig atemlos vom Tanzen, Springen und Hüpfen. Auch der Potsdamer Jirka Poltrock, der wohl den weitesten Anfahrtsweg in Kauf genommen hatte, um einmal mehr seine Lieblingsmusik zu erleben, war „angetan vom familiärenTouch des Konzertes“.
Und wer etwa an enttäuschte und verzagte Musiker denkt, der irrt gewaltig. „Endlich konnten wir unser Publikum hautnah erleben, sozusagen einen persönlichen Kontakt herstellen“, begeisterte sich Transsylvanians- Schlagzeuger Thomas Leisner auf Nachfrage unserer Zeitung. „In kleinem Rahmen gibt es mehr Raum für Improvisationen, man kann also unmittelbar auf die Stimmung reagieren. Eine schöne Abwechslung, wenn man bedenkt, dass wir üblicherweise vor anonymen Menschenmassen spielen“, fügte er hinzu. „Ein bisschen irritiert hat es uns zwar anfangs schon, als wir die Bühne des nicht ansatzweise gefüllten Saales betraten. Das hat uns an jene Zeiten erinnert, als uns noch kaum jemand kannte“, räumte der Berliner eine gewisse anfängliche Unsicherheit der Musiker ein.
Nach einem so stimmungsvollen Abend aber werde die Gruppe jederzeit wieder in den kleinen Ort mit den netten Menschen kommen, versicherte das Band-Mitglied. Im Laufe des Konzertes hellte sich auch Holger Brandstädts Miene auf: „Anliegen unseres Vereines ist es, Kultur in den ländlichen Bereich zu bringen und dadurch wunderbare gemeinsame Live-Erlebnisse zu ermöglichen“, erklärte er. Und was könne es Schöneres für einen Veranstalter geben, als ein Publikum, das selig lächelnd den Heimweg antritt?

Silke Tews, Nordkurier